Die drei größten Gefahren, die ich zurzeit sehe:
- Das Dumme
- Das Böse
- Die Ansteckungsgefahr
Aktiv gegen 1. und 2. anzukämpfen ist oftmals ein Ritt gegen Windmühlen. Ein energiezehrender Kampf. Vor allem ein „Kampf“ und damit auch ein Mittel das 1 und 2 präferieren.
Das heißt allerdings nicht, einfach zu resignieren. Keinesfalls. Der nachhaltige, heilende Effekt auf unsere Welt startet bei uns selbst.
Schon mal gehört. Das sind gute Neuigkeiten. Aber auch verdammt anstrengende Neuigkeiten. Ich meine jetzt nicht den Wasserhahn beim Zähneputzen zudrehen oder nur jede dritte Avocado zu kaufen.
Es geht um das Thema „Bewusstseinswerdung“. Auch schon mal gehört. Liegt wie „Awareness“ und „New Work“ im Trend. Ist aber ausnahmsweise mal ein Trend, der die Welt retten kann.
Bleiben wir beim Trend. Unser Ego, unser Verstand unterliegt ebenso einem Trend, der sich oftmals in unserem Leben ändert.
Beispiel: In der Mittelschule gegen das Kleinbürgertum aufbegehrend, Reden schwingend beim sonntäglichen Familienmittagessen, Che-Shirt, Poster und Bettwäsche, Kampf dem Kapitalismus, nieder mit dem Bonzentum, alle Macht dem Proletariat – bis zu dem Zeitpunkt, wo man sich – aus welchen unerfindlichen* Gründen auch immer – für das BWL-Studium entscheidet und damit der Lebens absichernde Kapitalismus als die natürlichste und qualitäts-bewahrende Gestaltungsvariante des eigenen Lebens erscheint.
*Unerfindlich sind die Gründe keineswegs. Sie resultieren aus dem Trend der Zeit (Gegenwart und Vergangenheit (der Eltern, Großeltern usw)), des eigenen Umfelds, aus den gemachten Erfahrungen, der Erziehung und Bildung. Diese Einflüsse skulptieren kunstvoll das, was wir Verstand und Ego nennen, als Basis für das Wertesystem, wie man die Welt wahrnimmt, Aktionen, Geschehnisse und Menschen be- und auch verurteilt.
Man muss kein Trendforscher sein, was in diesem und letzten Jahrhundert en vogue war und ist: Sicherheit und materieller Wohlstand. Das wurde nach zwei Weltkriegen unverrückbar wie eine Panzersperre in unsere DNA eingebettet und von Generation zu Generation weitervererbt. Was an diesen Grundfesten rüttelt, erzeugt Angst, und Angst erzeugt wiederum genau die Geschehnisse, die zu einem globalen Dauerkopfschütteln führen. Genau deswegen ist Bewusstseinwerdung der einzig wahre, nachhaltige und auch anstrengende Hebel für diverse Heilungsprozesse.
Vereinfacht gesagt: Man wird sich bewusst, welcher lebenslangen Programmierung man unbewusst folgt. Dabei deckt man die Bugs in der eigenen Firmware auf, die im Laufe eines Lebens „ver- und vorprogrammiert“ werden. Somit ist Bewusstseinswerdung im genaueren Sinne kein Update dieser Firmware, vielmehr ein „Down- oder Backdate.“ Zurück zu den ganz frühen, puren Zeiten unserer Kindheit. Als für uns die Wahrheit („Ich mag das nicht“ oder „Ich mag dich nicht!“) noch die natürlichste Sache der Welt war. Bis dann eine Trend-angebende Stimme sagte: „Pssst, das sagt man nicht.“
Ab da beginnt die Bredouille und setzt sich fort bis zu dem Zeitpunkt, wo man immer weniger sagt, was man denkt, weil es nach dem gelernten Wertesystem nicht angebracht ist. Logische, somit Verstands-getriebene Konsequenz: Irgendwann denkt man auch nicht mehr das, was man nicht sagt. Alles erscheint logisch. Und plötzlich soll man gegen dieses „logische Alles“ vorgehen? Nicht „gegen.“ Es ist ein Teil von uns. Aber bewusst machen, dass man eventuell Dynamiken und Routinen folgt, die veraltet und nicht die eigenen sind.
Wirft man einen genaueren Blick darauf – egal ob mit Coaches, Büchern, Meditation, Schamanen etc. – kann man sukzessive die Matrix erkennen, in der unsere Welt gefangen ist. Gestaltungsfreiraum gibt es unendlich in der Matrix. Der ist aber leider nicht wahr. Man muss schon aus der Bubble, also aus der paradoxen „die Welt ist furchtbar, alles geht vor die Hunde-„Komfort“zone“ raus, um mal die Wahrheit (gibt mehrere, anderes Thema) wahrzunehmen. Daher kommt auch dieses alt klingende, unübliche Wort „wahrnehmen.“ Unüblich, weil der Trend die letzten 50.000 Jahre in Richtung „Nichtwahrnehmung“ ging.
Von dieser „Nichtwahrnehmung“ geht drittens aus: die Ansteckungsgefahr.
Der Amazonas brennt, Notre Dame bekommt das Geld (oder auch nicht – nicht einmal auf die Milliardäre ist mehr Verlass), Hater, die Klimaaktivisteninnen mit Zöpfen haten, Brexit, Johnson, Trump, Erdogan, Putin, Assad, Bolsonaro und die Rückkehr von Big Brother. Wer sich dann noch mal wie ich, ab und zu in die Tiefen der Kommentare auf Facebook nach unten scrollt, bewegt sich auch in die tiefsten, menschlichen Abgründe. Dort, wo es am dunkelsten ist und kein Licht mehr zu sehen ist, genau dort braucht es dringend das eigene Licht, um sich selbst wieder aufzuhellen. Um nicht Opfer (anderes Thema) von erstens und zweitens zu werden. Um nicht den Optimismus zu verlieren oder gleich gegen Resignation zu tauschen. Das ist die Ansteckungsgefahr, der man täglich ausgesetzt ist.
Da hilft nur eins: nein, jetzt kommt nicht „Bewusstseinwerdung.“
Noch einmal.
Da hilft nur eins: Durchlässigkeit oder Permeabilität. In dem Kontext: Information aufnehmen, wahrnehmen und durchlassen, durchs eigene Wertesystem. Ohne bei einen „die Welt ist furchtbar, alles geht vor die Hunde“-Effekt zu hinterlassen.
Zugegeben, die Sache mit der Permeabilität ist nicht so einfach. Ich spreche, aus eigener Erfahrung. Darum, je nach tageweiser Bewusstseinsform, verordne ich mir selbst Wellnesskuren für meinen Optimismus:
3 mal täglich nicht auf Facebook zu gehen.
1 mal wöchentlich eine Woche lang keine sozialen Medien zu durchstöbern.
Oder die Trump-Johnson Diät: Alles lesen, außer über die beiden prominenten Vertreter und Hausmeister der Matrix.
Danach geht’s mir richtig gut. Erholt, und mit avengerartigen Optimismus gestärkt, geht’s weiter mit Welt retten.
Ganz vergessen: Die Sache mit dem Welt retten. Auch nicht so einfach.
Vor allem alleine. Das geht nur zusammen. Aber was geht und jede/r machen kann und wie schon oft seufzend vernommen:
Man kann die Welt nicht verändern.
Aber man kann eben sich selbst verändern.
Die wirklich guten Neuigkeiten: Wenn man bei sich anfängt, z.B. mit Bewusstseinswerdung, hat das auch einen Impact auf das eigene Umfeld.
So gesehen wird man selbst ein bisschen zum Trend, der einen positiven Sog erzeugen kann.
Damit kommen wir zu viertens: positive Ansteckung.
Die 1. und 2. immer mehr auflöst.